Ende 2015 begann der Caritasverband Amberg-Sulzbach ein ehrenamtliches Projekt, in dem zwei Ärztinnen den neu zugewanderten Asylbewerbern grundlegende Kenntnisse über das Gesundheitssystem in Deutschland vermitteln. Wir wussten, dass dieses Thema für unsere Klienten sehr wichtig und sehr kompliziert war. Es ging nicht nur darum, dass die einfachen Umschreibungen der Symptome auf Deutsch für sie ein unüberwindliches Hindernis war. Sich in unserer Gesundheitsversorgung orientieren zu können war eine Herausforderung für die Neuzuwanderer. Deswegen brachten viele Mütter damals ihre Kinder, die z.B. Fieber oder Kopfschmerzen hatten, direkt ins Krankenhaus, statt zu einem Kinderarzt zu gehen, oder einige Klienten wandten sich sofort an einen Facharzt ohne eine Beratung beim Hausarzt vorher in Anspruch zu nehmen.
Das war eine schwierige Zeit für alle, sowohl für Neuzuwanderer als auch für Ärzte, Arzthelferinnen, Krankenschwestern, Mitarbeiter der Krankenhäuser und der Krankenkassen.
Wir haben uns sehr gefreut, zwei erfahrene und engagierte Ärztinnen für die Erklärungsarbeit mit Flüchtlingen gewinnen zu können. Dr. Ingeborg Späth und Dr. Renate Waller waren bereit den Flüchtlingen die neuen Kenntnisse beizubringen. Die Frage war nur, wie man sie vermittelt, wenn man einander nicht versteht?
Unsere Gesundheitsseminare fanden einmal im Monat statt und jedes Mal suchten wir einen arabisch-kurdischen Muttersprachler, der der deutschen Sprache mächtig war, um einfache medizinische Begriffe in der eigenen Sprache zu erklären. Es funktionierte zwar immer wieder, war jedoch sehr mühsam.
Wir wünschten uns also jemanden, der als einen ständigen Dolmetscher in den Sprachen Arabisch und Kurdisch helfen konnte.
Mays Cheikhi (links) übersetzt in der ärztlichen Sprechstunde.Foto: Irina Huber
2017 fanden wir die ideale Besetzung: Mays Cheikhi, die im August 2015 aus Syrien nach Amberg kam, eine Kurdin, die sowohl Kurdisch als auch Arabisch als Muttersprachlerin beherrscht, eine Muslimin, die Traditionen und Bräuche ihrer Landleute versteht. Zugleich ist sie selbst Mutter, die die Sorgen anderer Mütter wahrnimmt und Ehefrau, die die Mentalität der Männer aus arabisch-kurdischem Kulturraum genau kennt. Dazu noch sprachbegabt, intelligent, freundlich und ausgeglichen.
Zwei Jahre lang arbeitete Mays in unserem Projekt "Ärztliche Sprechstunde für Flüchtlinge" mit, das von eins- bis zweimal im Monat in den Räumlichkeiten des Caritasverbandes stattfand und von der Stadt Amberg finanziell unterstützt wurde. Sie übersetzte sowohl für ihre Landsleute als auch für alle anderen arabisch- und kurdisch-sprachigen Asylbewerber. Durch ihre Sprachvermittlung trug sie nicht nur zu einem besseren Miteinander aller Beteiligten bei, sondern half auch bei einer schnelleren Integration der Flüchtlinge.
Die Arbeit im Projekt trug auch zu ihrer eigenen Entwicklung bei. Im Laufe der letzten zwei Jahre verbesserte Mays deutlich ihre Deutschkenntnisse und fand sogar ein berufliches Ziel für sich.
Mays bewirbt sich in den nächsten Wochen um einen Ausbildungsplatz als Arzthelferin und hofft auf ein positives Ergebnis. Schade ist nur, dass ihre Ausbildung nicht in Amberg stattfindet. Denn am 01. Februar dieses Jahres zog Mays Cheikhi mit ihrer Familie in eine kleine Stadt in der Nähe von Berlin. Von nun an wird sie ihr Leben neu in Brandenburg meistern.
Mays Cheikhi war eine große Bereicherung für unser ehrenamtliches Team und wir bedauern natürlich ihren Umzug. Jedoch wünschen wir ihr alles Gute für ihren weiteren Lebensweg und danken für ihre engagierte und zuverlässige Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe.